Verkehrserziehung mit Zauberkunst!
11/02/2020Sind Zauberer heute noch zeitgemäß?
Diese Frage darf man sich in der Tat stellen. Betrachten wir einmal die heutigen technischen Möglichkeiten, welche der modernen Gesellschaft heute zugänglich sind, könnte der Eindruck entstehen, dass kein Platz mehr für Zauberer ist, weil die Wirklichkeit die Magie fast schon überholt.
Scienece-Fiction wird zur Realität
Als Jules Verne in seinen Geschichten eine Reise zum Mond, mit einem Unterseeboot die Meere zu durchqueren oder eine Reise in 80 Tagen um die Welt beschrieb, die nach damaligen menschlichen Ermessen nur mit fantastischer, futuristischen Technik möglich. Eine Technik, die nur einem genialen oder völlig verrückten Geist entspringen konnte. Es war Science-Fiction oder es hätte Zauberei sein müssen, um so etwas zu verwirklichen.
Oder denken wir an altägyptische Priester, die scheinbar Tempeltüren durch ihre Götter öffnen lassen konnten. Dabei war es einfache Physik, die ihnen half, die Menschen an ihre Götter glauben zu lassen.
Was gestern Science-Fiction war, ist heute bereits Realität geworden. Als Kirk mit der Enterprise durchs Weltall raste, nutze er ein kleines, in eine Hand passendes Funkgerät, welches über tausende von Kilometern funktionierte. Heute telefonieren wir weltweit mit einem Smartphone. Und was für uns derzeit Science-Fiction ist, wird vielleicht morgen schon Realität werden.
Roboter können Salti schlagen, sie scheinen zu leben, weil sie sich durch künstliche Intelligenz mit Menschen unterhalten können. Der Science-Fiction Film Westworld lässt grüßen. Absurditäten wie Sexroboter treten in das Leben der Menschen. Es sind bereits Sexpuppenbordells entstanden. Ganz alltäglich sehen wir fern und hören Musik in Livequalität, ohne ein Konzert besuchen zu müssen, was vor nicht einmal hundert Jahren in dieser Form undenkbar war.
Ja, es ist heute sogar schon möglich, so etwas wie ein Tarnumhang a la Harry Potter zu kreieren, wie er mit einer Entwicklung Namens
Quantum Stealth realisiert wurde. Noch haben sie Probleme mit den Blickwinkeln. Dies will man allerdings in den Griff bekommen, so dass man Dinge einfach durch Lichtbrechung verschwinden lassen kann. Gedacht wird dabei an Windräder, die man aus der Landschaft tilgen will, aber auch an militärische Anwendungen wird gearbeitet. Ganze Panzer und Armeen sollen unsichtbar werden. Dies ist allerdings eine fürchterliche Vorstellung.
Warum also sollte ein Zauberer, wie zum Beispiel Robert Marteau noch zeitgemäß sein, wenn wir doch so viele Wunder auch ohne Tricks erleben können?
„Wunder“ und Zaubertricks
Es gibt einen Unterschied zwischen dem, was ein Zauberer zeigt und welche „Wunder“ wir bereits heute in der Realität erleben können, einschließlich der Erklärung von Zauberkunststücken über das Internet. Es hängt meines Erachtens nicht nur davon ab, dass jemand etwas zeigen kann, was vermeidlich unmöglich ist. Das können offenbar auch Internetzauberer. Es hängt auch nicht davon ab, ob ein Kunststück in Netz erklärt wird, denn obwohl Kunststücke mit den gleichen Hilfsmitteln gezeigt werden, wie sie im Netz erklärt werden, können die Zuschauer dies nicht erkennen, wenn ein Zauberer das gleiche Hilfsmittel für ein anderes Kunststück einsetzt. Es ist auch zweitrangig, dass es offenbar Technik gibt, die wie Zauberei wirkt.
Einzigartiges Erleben
Ein Zauberer ist dann zeitgemäß, wenn das, was er macht, für die Zuschauer im Erleben einzigartig macht.
Aber erst, wenn eine Show magisch wird, ist der Zauberer trotz des Internets, ja sogar gerade wegen des Internets mehr als zeitgemäß. Möglicherweise auch unentbehrlich. Dabei existieren eine Reihe von Voraussetzungen, die eine Show magisch werden lassen. Das Erlernen der Tricktechnik ist nur ein erster Schritt. Es bedarf aus meiner Sicht den persönlichen Kontakt zu einem realen Lehrmeister. Der bringt nicht nur Tricks bei, sondern versteht ebenso viel von der Theorie des Staunens. Er weiß, warum Zaubertricks wirken, wie man eine Bühnenpersönlichkeit entwickelt. Er sich sich die Durchführung von Griffen und das richtige Handlings von Requisiten an und und und. Magisch ist eben nicht nur das Rätsel des Tricks. Es ist das Geheimnis, welches die Zuschauer eine besondere Faszination erleben lässt, welches das Trickgeheimnis in den Hintergrund geraten lässt und die Performance, als Gesamtwerk die Aufmerksamkeit auf sich ziehen lässt.
Die Degradierung zum Rätsel
Und hier besteht die Gefahr, dass ein Zauberer nicht mehr zeitgemäß ist. Denn wie wird oft gezaubert? In sehr vielen Fällen, nein, ich behaupte einfach, in der Mehrheit der Fälle wird so gezaubert, dass die Zuschauer eine auf den Trick reduzierte Vorführung sehen. Das Dargebotene wird schlicht auf ein zu lösendes Rätsel „degradiert“. Wenn die Zuschauer sich nach der Show ausschließlich darüber unterhalten, wie der Zauberer das wohl gemacht haben könnte, ist das ein Zeichen für eine unmagische Vorführung. Nach kurzer Zeit wird man sich nicht mehr an den Zauberer erinnern, sondern es kommen Aussagen, dass man da einen Zauberer gesehen habe, den man nicht mehr beim Namen zu nennen wüsste, aber die Tricks wären klasse gewesen.
Vielmehr sollte es meiner Meinung nach im Idealfall so sein, dass sich die Zuschauer auch noch lange Zeit nach der Vorstellung über das Gesamtpaket unterhalten und den Namen des Künstlers nennen können.
Jeder, der ein Gemälde mit Sonnenblumen in ganz speziellen Farben sieht, wird sofort sagen können, dass dies van Gogh gemalt hatte. Viele berühmte Gemälde können, auch wenn man das Gemälde nicht wirklich kennt, aufgrund der Farbwahl, des Stils etc. sofort einem bestimmten Maler zugeordnet werden. Der Mensch sieht sich erfahrungsgemäß viel lieber ein Livekonzert einer Band an, statt sich nur eine CD oder ein Video anzusehen, weil das Liverlebnis einfach mit nichts zu vergleichen ist. Die Atmosphäre im Publikum, das unvergleichliche Livespiel mit seiner Virtuosität der Musiker, das passende Bühnenbild. All das lässt das Publikum Abtauchen und alles rundherum vergessen. Wenn eine Zaubershow so eine Handschrift trägt, die über den gezeigten Trick hinaus erkannt wird, ist der Zauberer zeitgemäß. Wie oft liest man nach einer Show, auch von den Großen der Branche, immer wieder in den Zeitungsberichten den Satz: Wie haben die/der das nur gemacht? Dieser Satz impliziert eine Reduzierung auf das „Wie“, und zwar im Sinne einer Vorführung von Rätseln, die es zu lösen gilt. Es fand für meine Begriffe kein magisches Erleben statt.
Der zeitgemäße Zauberer
Ich möchte daher mein Fazit aus dem bisher Geschriebenen ziehen.
Ein Zauberer ist dann noch zeitgemäß, wenn er die Menschen nicht nur ein Rätsel vorlegt, sondern dass er sie Magie erleben lässt, wobei das Rätsel, das Geheimnis einfach nur ein Teil eines Kunstwerkes ist, es im besten Falle erst gar nicht mehr erwähnt wird. Diese Magie hat das Publikum erlebt, wenn es nach der Show beseelt den Saal verlässt, und maximal im Nebensatz danach fragt, wie der Zauberer das wohl gemacht haben könnte. Dazu bedarf es selbstredend mehr als die erlernte Technik. Dazu bedarf es Herz und Seele, das Verständnis, dass die Zuschauer, z.B. in einer Soloshow im Theater, extra wegen eines Künstlers gekommen sind, natürlich mit einer entsprechenden Erwartungshaltung, wie es die Ankündigung angepriesen hat. Außergewöhnlichkeit zeigt sich nicht nur in der Fingerfertigkeit, sie zeigt sich vor allem in der Kreativität der Show, in der Persönlichkeit des Zauberkünstlers, wie er mit seinem Publikum umgeht etc. Egal, ob in einer einfachen Zaubershow innerhalb einer Gala, einer Soloshow, wo die Menschen Wunder erleben sollen oder einer Show eines Mentalisten. Gleichzeitig – und das ist ein ganz wichtiger Punkt – verwirklicht der Mensch, der mit Herz und Seele zaubert, sich selbst. Es ist durchaus das Streben nach Glück, dass ein Zauberer immer noch zeitgemäß macht. Wie ich bereits erwähnte, gibt es auf Youtube unzählige Erklärervideos, einige Kanäle sehen sich als Lehrkanäle an, andere wollen einfach nur den großen „Erklärbären“ spielen. Doch allein, dass es diese Menge an Kanälen gibt, zeigt ebenfalls, dass Zauberer auch im digitalen Zeitalter immer noch zeitgemäß sind. Es beweist, dass es ein Interesse an der Zauberkunst gibt. Und nicht alle wollen nur wissen, wie etwas geht, es gibt genügend Interessenten, welche die Zauberkunst über das Netz erlernen wollen. Ich hege allerdings meine Zweifel, ob man dort Zauberkunst wirklich erlernen kann. Ich sehe es eher so, dass dort Tricks erklärt werden, die man nachmachen kann. Sie sind durchaus technisch gut erklärt. Ja, es werden auch Tipps zur Performance, zur Literatur und Lehrvideos gegeben. Jedoch bin ich der Ansicht, dass es genau so absurd ist, mithilfe von Youtubekanälen Zauberkünstler werden zu können wie es absurd ist, mit Youtubevideos Schauspieler werden zu können. Letzten Endes spielt es tatsächlich im Endeffekt KEINE Rolle, für wen der Künstler zaubert. Das Ziel sollte immer sein, dass die Zuschauer am Ende mit einem positiven Gefühl und beseelt aus der Show entlassen werden. Ob das in einer Kinderzaubershow ist, in der Soloshow für Erwachsene oder in der Tradeshow auf der Messe für die Kunden des Auftraggebers. Der Zauberer ist zeitgemäß. Er wird gebraucht, denn auch im Zeitalter des fast allumfassenden digitalen Wissens und Halbwissens und der Unwahrheiten im Netz, gibt es bei den Menschen, die letzten Endes unsere Zuschauer sind eine Sehnsucht nach dem sich fallen lassen können, nach dem magischen Augenblick. Währenddessen wollen sie alles um sich herum vergessen können und sich in eine magische Welt fallen lassen. Das allerdings geschieht nur dann, wenn der Künstler nicht nur ein zu lösendes Rätsel hinterlässt, welches es zu hinterfragen und zu knacken gilt. Das zu erreichen, ist ein langer Weg.